Gibt es den echten Sivas Kangal eigentlich nur als Rüden?

Karabasch

Täglich bekommen wir Anrufe von Menschen, die ihren echten Sivas Kangal, selbst importiert als Welpe mit 4 Wochen, nun dringend abgeben müssen.
Die Anrufer haben diesen echten Sivas Kangal manchmal auch als Welpe von einem Kollegen gekauft für "nur" 1.500 Euro.
Auf die Frage nach dem Geschlecht kommt wie selbstverständlich die Antwort: Rüde
Scheinbar gibt es diese Rasse nur als Rüde.
Unsere Pflegestation ist mit Kangal überfüllt und es ist kein Ende in Sicht. Natürlich sind es bis zu 70 % Rüden, die bei uns leben. Neben den Behörden und Tierheimen, die uns um Mithilfe bitten, haben wir täglich fast 30 Anrufe von privaten Menschen, die ihren Kangal abgeben möchten.
Man hat gehört, dass ein Kangal Rüde sich in einem Tierheimzwinger nicht wohl fühlt. Man möchte für seinen ungeliebten Hund nur das Beste, aber bitte gratis. Daher soll der Kangal nicht in ein Tierheim, denn dort möchte man 250 Euro für den Hund haben. Selbstverständlich ist der Hund weder gechipt noch geimpft oder gar entwurmt.
Man ruft dann einen Verein wie Herdenschutzhund-Service e. V. an, die müssen sich um den Hund kümmern, aber bitte umsonst.
Erklärungen unsererseits, dass wir keinen Platz haben und ein Kangalrüde von 4 bis 5 Jahren nahezu unvermittelbar ist, werden nicht einfach so hingenommen.
Wir werden am Telefon beschimpft, bedroht und in vielen Fällen einfach nur angelogen. Ein Anrufer äußerte gar, dass wir seinen Hund aufnehmen müssten, schließlich sind wir Freunde der Rasse und ein Verein muss das machen.
Erst gestern schimpfte der Anrufer, wir sollen doch unseren Laden zu machen und die Webseite löschen, wir würden dem türkischen Nationalhund nicht lieben und ihm nicht helfen.
Dann sind da noch die übereifrigen Tierschützer, die einen Kangal aus schlechter Haltung befreien, stolz auf den Diebstahl sind und dann den Hund bei uns abliefern wollen. Es handelt sich immer um "reinrassige und wertvolle echte Sivas Kangal"
Ganz zu schweigen von den Kangalprofessoren, die unbedarften Haltern Erziehungstips geben, die häufig dazu führen, dass diese mit dem Hund gar nicht mehr zurecht kommen. Auch dann wird wieder unsere Adresse als letzter Ausweg angegeben.
Wir benötigen inzwischen fast eine Telefonistin, die sich all der Anrufe annimmt.
Kann sich irgendwer vorstellen, wie man sich nach einem 17 Stunden Tag voller Arbeit fühlt und wenn dann solche Anrufe bei uns auflaufen?
Nach wie vor sind wir Liebhaber der Rasse Kangal, bewundern und schützen diese Rasse. Aber diese Flut von Kangalen kann niemand mehr bewältigen.
Früher haben wir gedacht, dass Aufklärung von unserer Seite und vielen anderen Vereinen die Not dieser wunderbaren Rasse mindert. Das Gegenteil scheint sich heraus zu stellen. Je mehr über Kangal geschrieben wird, desto mehr Menschen wollen einen solchen Hund besitzen, ohne die Nachteile der Rasse zu beachten.
Somit ist der früher eher seltene Hund zu einem Modehund mit all seinen Auswüchsen geworden.
Bei 90 % der in Not geratenen Kangale handelt es sich um Rüden, nicht sozialisiert und außer "Sitz" können diese Hunde nichts. Sie stürzen sich auf jedes anders aussehendes Lebewesen und reißen einem beim Spaziergang die Arme aus.
Schwebt in den Köpfen der Besitzer, die ihren Hund bei uns abgeben wollen die Wahnvorstellung, dass wir einen Zauberstab zur Erziehung haben?
Es ist harte Knochenarbeit einen solchen Hund in die annähernd richtige Richtung zu weisen und geht häufig auch mit Verletzungen unserer Person einher.
Wir haben eine Frage an all die Anrufer, die teils nett und teils unverschämt sind:
Warum sollen wir dies noch länger tun?
Wenn man mit seinem Kangal nicht zurechtkommt, dann bringt man ihn dahin zurück, wo man ihn hergeholt hat. Die dafür anfallenden Kosten bis zu einer eventuellen Weitervermittlung müssen dann eben getragen werden. Warum sollen das andere, wie z.B. unser Verein übernehmen?
Wir werden in Zukunft nur noch den Haltern von Kangal helfen, die dieses tun.
Es tut uns sehr leid für die Kangale, die keinen Platz mehr bei uns bekommen, aber unsere Kräfte und materiellen Möglichkeiten sind begrenzt.
Wer sich wirklich um die Rasse bemüht, sollte versuchen zu helfen. Vielleicht auch unseren Verein unterstützen mit einer Mitgliedschaft, Patenschaft oder einer Spende. Der Jahresbeitrag einer Mitgliedschaft in unserem Verein ernährt einen Hund für einen Monat.
Natürlich sind auch aktive Menschen gefragt, die uns bei der täglichen Arbeit helfen und einem 4-jährigen Rüden Manieren beibringen können.
Ganz besonders willkommen sind die Menschen, die einen gebrauchten Kangal Rüden bei sich aufnehmen und viel Arbeit undGeduld investieren.

Eleonore Rösner

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